Das Länderspieljahr 2010 war noch nicht abgepfiffen, da richtete Joachim Löw (Foto) den Blick bereits nach vorne. «Unser Ziel ist, im nächsten Jahr die EM-Qualifikation frühzeitig klar zu machen», verkündete der Bundestrainer in Göteborg vor den letzten 90 Spielminuten der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im WM-Jahr am Mittwochabend gegen Schweden.
2010 war ein aufregendes Jahr mit extremen Umwälzungen, die auch ohne Großereignis ein spannendes 2011 versprechen. Was passiert mit Michael Ballack? Welche neuen Jungstars schaffen den Sprung ins Team? Wer wagt oder schafft nach Mesut Özil und Sami Khedira den Wechsel ins Ausland zu einem europäischen Spitzenclub wie Real Madrid?
«Wir stehen glänzend da», bilanzierte Löw stolz «am Ende einer langen und erfolgreichen Saison», die auch ihn persönlich in Atem hielt. Anfang des Jahres platzte unter großen Misstönen seine erst nach der WM vollzogene Vertragsverlängerung mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) bis zur EM 2012. Dann fiel Kapitän Ballack für die Weltmeisterschaft in Südafrika aus, wo Löw mit seiner unerfahrenen Boy-Group um Torschützenkönig Thomas Müller auch ohne Titelgewinn groß auftrumpfte. «Wir haben Maßstäbe gesetzt», schwärmte Löw.
«Das Jahr war sehr erfolgreich, gekrönt durch eine sehr gute WM. Wichtiger als der Erfolg war, ein Turnier zu spielen, in dem man die Leute zu Hause begeistert hat», bilanzierte Bastian Schweinsteiger in Schweden. Neben dem zum WM-Kapitän ernannten Philipp Lahm sowie den zu Stammkräften aufgestiegen Turnierdebütanten Müller, Özil, Khedira und Manuel Neuer zählte Schweinsteiger zu den großen Gewinnern 2010.
Wie schnelllebig und sprunghaft das Fußball-Geschäft geworden ist, dokumentiert 2010 krass. Beim Auftaktspiel gegen Argentinien (0:1) führte noch Ballack das DFB-Team als Kapitän an. René Adler wurde vor dem Spiel zur Nummer 1 für die WM ausgerufen - und Argentinien-Coach Diego Maradona hielt den Münchner Länderspiel-Debütanten Müller für einen Balljungen. Was folgte? Ballack und Adler verpassten aus Verletzungsgründen die WM, während Müller in Südafrika zum umjubelten Torschützenkönig des WM-Dritten aufstieg.
Löw machte aus der Not eine Tugend, sein Wagnis mit dem zweitjüngsten deutschen WM-Kader wurde belohnt. Die Bundesliga zieht längst mit beim Jugendkurs. «Junge Spieler bekommen in ihren Vereinen die Möglichkeit, regelmäßig zu spielen. Das hat sich ein Wandel in den Vereinen vollzogen», stellte Löw zum Jahresende erfreut fest.
«Erfahrung spielt eine untergeordnete Rolle. Es ist eine Frage der fußballerischen Fähigkeiten», lautet Löws Philosophie. Nach Schweden nahm er die Dortmunder Mario Götze (18), Marcel Schmelzer (22), Mats Hummels (21) und Kevin Großkreutz (22) sowie die Mainzer Lewis Holtby (20) und André Schürrle (20) mit, alles Kandidaten für die EM 2012. «Wir haben in punkto Nachwuchsarbeit anderen Nationen eine Menge voraus», sagte Schweinsteiger: «Es wird für den Bundestrainer immer schwieriger, die Spieler auszuwählen.»
Die WM war die Initialzündung. «Bei dem Ereignis haben viele gesehen, dass auch diese jungen Spieler wie Müller, Badstuber oder Özil schon mit 20 oder 21 Jahren Topleistungen bringen können», bemerkte Löw. Langsam hochdienen - für Löw ist das der falsche Weg: «Wenn Spieler wie Özil, Müller oder Khedira mit Anfang 20 schon so und so viele Bundesligaspiele und einige Länderspiele haben, sind sie auch in der Lage, in die Weltklasse vorzustoßen. Die Zeit zwischen 18 und 22 Jahren ist enorm wichtig für die Weiterentwicklung.»
38 Spieler setzte Löw bis zum Schweden-Spiel 2010 ein, die meisten Einsätze verzeichnet ein Newcomer wie Khedira. Nicht alle aktuellen und nachdrängenden Nationalspieler werden den Sprung auf den EM-Zug schaffen. Zumal ehemalige Stammkräfte nach langwierigen Verletzungen zurückwollen ins Team, wie der Leverkusener Simon Rolfes und ganz besonders der 34 Jahre alte Veteran Ballack. Für Spannung im DFB-Team ist auch 2011 gesorgt - auch ohne eine Weltmeisterschaft.
Quelle:transfermarkt.de